Vorläufige Haushaltsführung

Michael Faber

Antwort der Verwaltung auf die Große Anfrage an den Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen am 09.02.10

Inhalt der Stellungnahme

Die in der Großen Anfrage der Fraktion Die Linke. werden wie folgt beantwortet:

  1. Wie wirkt sich der Umstand konkret aus, dass die Bundesstadt Bonn bis zur Rechtskraft der Haushaltssatzung, mithin bis mindestens Ende Mai, lediglich auf Grundlage vorläufiger Haushaltsführungsbefugnis gem. § 82 GO NRW agieren darf?

    Nach den gesetzlichen Regelungen gelten bis zur Bekanntmachung der Haushaltssatzung, d. h. dem Inkrafttreten des Haushaltsplans, die Vorschriften zur vorläufigen Haushaltsführung. Der Kämmerer hat mit Verfügung vom 10.12.2009 Regelungen zur Bewirtschaftung des Haushalts 2010 im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung getroffen. Danach darf die Stadt nur Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind.

    Ob die Voraussetzungen des § 82 GO NRW vorliegen, muss von den bewirtschaftenden Ämtern im Einzelfall geprüft und mit der Unterschrift im Feld "Mit dieser Anweisung wird die Richtigkeit der eingegebenen Kontierung ..." auf dem Buchungsbeleg für die Finanzbuchhaltung bestätigt werden.

    Im Bereich der Personalwirtschaft sind in der vorläufigen Haushaltsführung Beförderungen nicht möglich.

    Die Ämter haben darauf zu achten, dass die Ansätze für Aufwendungen und Auszahlungen so sparsam wie möglich bewirtschaftet und alle Möglichkeiten zur Erzielung von Erlösen und Einzahlungen voll ausgeschöpft werden.

    Konsumtive Ansätze wurden pauschal mit 15 %, Ausgabeansätze für Stiftungen, Sozialhilfe, gedeckte Kosten rechnende Einrichtungen und Personalausgaben zu 50 % freigegeben.

    Über diese restriktive Mittelfreigabe soll sichergestellt werden, dass in den Etatberatungen ggf. beschlossene oder etwaige Auflagen im Rahmen des aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahrens umgesetzt werden können.

    Bei den Investitionen wird für die Weiterführung begonnener Maßnahmen die Mittelfreigabe im Einzelfall erteilt. Neue Maßnahmen dürfen grundsätzlich nicht begonnen werden. Als neue Maßnahmen gelten auch die im Wirtschaftsplan des SGB aufgeführten Zusatz- und Vorfinanzierungen.

    Die eingeschränkte Freigabehöhe hat einen erhöhten Verwaltungsaufwand zur Folge, da alle Freigaben, die die obigen Grenzen überschreiten, vom Fachamt gesondert beantragt und begründet werden müssen und bei positiver Entscheidung durch den Kämmerer durch die Kämmerei manuell im NKF-System einzugeben sind.

  2. Welche Auswirkungen auf den Haushalt der Bundesstadt Bonn hat die vom Bundestag jüngst beschlossene Reduzierung der Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft gem. § 22 I SGB II?

    Im Falle einer Absenkung der Bundesbeteiligung wie geplant von derzeit 25,4 % auf 23,0 % würde dies zu Mindereinnahmen in Höhe von rd. 1,5 Mio. EUR für den städtischen Haushalt führen.

    Darüber hinaus ist zu kritisieren, dass die derzeitige Berechnungsformel nicht sachgerecht ist, da sie zu einer strukturellen Belastung der Kommunen führt. Die Berechnung orientiert sich an der Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften. Sie orientiert sich nicht an den tatsächlichen Entwicklungen der Miet- und Nebenkosten. Die Belastung des städtischen Haushaltes ist im Zeitraum 2005 bis 2010 von rd. 36 Mio. EUR auf knapp 49 Mio. EUR (netto) angestiegen.

  3. Wo sieht die Verwaltung grundsätzliche und strukturelle Möglichkeiten der Ertragssteigerung, die aktuell durch die Bundesstadt Bonn nicht ausgeschöpft werden?

    Die Ansätze des Entwurfs zum Haushaltplanes 2010 enthalten auf der Einnahmeseite hierzu mehrere Vorschläge. Darüber hinaus ist generell bei allen Entgelten über eine Anhebung des Kostendeckungsgrades nachzudenken.

  4. Wie bewertet die Verwaltung die Möglichkeit der Erhebung einer Kurtaxe auf Beherbergungen im Stadtgebiet (insbesondere gem. § 11 KAG)? Wie hoch wären prognostizierte Erträge bei einer 5%igen Kurtaxe auf Beherbergungsleistungen (Planung der Stadt Köln)?

    Gemäß § 2 Abs. 2 (KAG) bedarf eine Satzung, mit der eine im Land nicht erhobene Steuer erstmalig eingeführt werden soll ?um eine solche handelt es sich hier -, zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des Innenministeriums und des Finanzministeriums.

    Ob die erforderliche ministerielle Genehmigung erteilt wird, ist von Seiten der Verwaltung nicht absehbar.

    Nach Kenntnis der Verwaltung bereitet die Stadtverwaltung Köln derzeit eine Satzung über die Erhebung einer Kulturförderabgabe vor, die dem dortigen Rat voraussichtlich im März zur Entscheidung vorgelegt werden soll. Hiernach sollen die ministeriellen Genehmigungen eingeholt werden.

    Insofern beabsichtigt die Verwaltung zunächst abzuwarten, ob der Kölner Satzung die ministeriellen Genehmigungen erteilt werden und wird dem Rat hierüber zu gegebener Zeit berichten.

    Je nach rechtlich zulässiger Ausgestaltung des Besteuerungsgegenstandes ist ausgehend von 1,2 Mio. Übernachtungen, einem durchschnittlichen Übernachtungsentgelt von 80 ? / Nacht und einem Steuersatz von 5 % mit Einnahmen zwischen 960.000 ? und 4,8 Mio. EUR zu rechnen.

  5. Welche Leistungen bieten die Bundesstadt Bonn bzw. kommunale Einrichtungen Rats-, Ausschuss- oder Bezirksvertretungsmitgliedern über die finanzielle Aufwandsentschädigung hinaus für ihre kommunale Tätigkeit an (z.B. Freikarten etc.)? Welcher Geldwert kommt den jeweiligen Leistungen auf das Haushaltsjahr bezogen zu?

    Die Rats-, Bezirksvertretungs- und Ausschussmitglieder der Bundesstadt Bonn erhalten Entschädigungen bzw. Aufwandsentschädigungen nach den Vorschriften der Gemeindeordnung NRW, hier: §§ 45 und 46 GO NRW.

    Freikarten bzw. die kostenlose Benutzung öffentlicher Einrichtungen, werden nur dann gewährt, wenn diese Leistung im Zusammenhang mit der Mandatsausübung in einem Ratsgremien steht.

    Begründung der Anfrage

    Die Finanzlage der Bundesstadt Bonn ist wie die vieler Kommunen schlecht. Die Linksfraktion bittet vor dem Hintergrund der anstehenden Haushaltsberatungen um Beantwortung der dargestellten Fragen. Insbesondere ist darzulegen, welche Auswirkungen die 2010 für rund ein halbes Jahr praktizierte vorläufige Haushaltsführungsbefugnis gem. § 82 GO NRW hat. Diese Grundlage für das kommunale Agieren stellt auch die maßgebliche Rechtsfolge (siehe § 80 V S. 5 GO NRW) im Fall eines aufzustellenden, aber nicht genehmigungsfähigen Haushaltssicherungskonzeptes dar. Dieses Szenario (häufig als Nothaushaltsrecht bezeichnet) droht der Bundesstadt Bonn in Zukunft. Aus dem Agieren der Stadt heute können für die Zukunft ggf. Schlussfolgerungen gezogen werden. Die weiteren Fragen dienen der Auslotung von Möglichkeiten der Ertragssteigerung bzw. der Schaffung von Transparenz über Aufwendungen im Verantwortungsbereich der Kommunalpolitik. Zudem mögen die Auswirkungen auf den Haushalt durch die jüngste Bundesreform zu Lasten der Kommunen im Bereich der Kosten der Unterkunft nach dem SGB II dargelegt werden.

    Ds.-Nr. 1010231
    Stellungnahmen der Verwaltung: Ds.-Nrn. 1010231ST2